[Autor: Maximilian Höhnke, Veröffentlicht: www.tbd.community]

Mittlerweile ist Nachhaltigkeit überall en vogue. Nahezu jeder große Hersteller wirbt damit, dass die neue Produktgeneration grüner, energiesparender oder naturschonender ist als das Vorgängermodell. Das vermutlich derzeit präsenteste Beispiel ist die Elektromobilität. Hier wird jedoch noch immer viel gestritten, ob Elektrofahrzeuge trotz aufwändig produzierter Batterie wirklich umweltschonender als konventionelle Fahrzeuge sind.

Ob Entwickler oder Kunde: Um die Natur in unserem Konsum nicht aus den Augen zu verlieren, sollten wir das Verständnis sowie die Perspektive weiten und verstehen, was sich wirklich hinter den Produkten verbirgt.

Dazu sind ganzheitliche Betrachtungen der Lebenszyklen nötig: 1. Rohstoffgewinnung, 2. Produktion, 3. Distribution und Vertrieb, 4. Gebrauch, 5. Wiederverwertung. In all diesen Phasen sollte auf eine möglichst nachhaltige Produktgestaltung geachtet werden, um abschließend die naturschonendste Lösung auszuwählen. Nur welche Fragen muss ich denn nun eigentlich stellen, damit ich zu einem möglichst nachhaltigen Produkt komme bzw. so eines kaufe?

  1. Rohstoffgewinnung:
    Die Rohstoffgewinnung ist eine der wichtigsten, jedoch auch schwierigsten Dimensionen. Hier treten Fragenstellungen in den Fokus wie: Sind die Rohstoffe erneuerbar oder nachwachsend? Werden sie unter kontrollierten und gerechten Bedingungen geerntet? Sind sie langlebig und recyclingfähig? Woher stammen sie? Und wie viel Energie ist nötig, um sie zu gewinnen? Während Du diesen Beitrag gerade an Deinem Laptop oder auf Deinem Smartphone liest, überleg doch einmal, aus welchen Rohstoffen sie hergestellt werden. Wo kommen die Rohstoffe dafür her und werden sie gerecht gewonnen?
  2. Produktion:
    Haben wir doch erneuerbare Rohstoffe gefunden, geht es darum, diese mit möglichst geringem Aufwand zu verarbeiten. Hier stehen Themen wie Energie- und Ressourceneinsatz und -herkunft, Fertigungsschritte, sozial gerechte Bedingungen etc. im Vordergrund. Im entwickelnden Unternehmen ist das Meiste noch einigermaßen nachvollziehbar und beeinflussbar, für Dich als Konsumenten hingegen wird es hier schwierig, sofern Du keine technische Ausbildung oder Erfahrung hast. Einen ersten Hinweis gibt Dir der Fertigungsort. In der EU z. B. wird durch den Gesetzgeber ein relativ hoher Standard an die Fertigungsbedingungen gelegt. Allerdings hilft es natürlich den Aufbau von Arbeitsplätzen in Entwicklungsländern zu unterstützen. Dies betrifft insbesondere die Kleidungsindustrie, da sie in Europa nur noch selten vertreten ist. Da auch ich mich hier mit der Bewertung schwer tue, habe ich einen Kompromiss aus Rechercheaufwand und bewusstem Konsum getroffen: Ich habe mich einmal mit der Glaubwürdigkeit der Labels beschäftigt und beschränke mich seitdem auf einige wenige.
  3. Distribution:
    Bei der Distribution wird unserer Umwelt viel Schaden durch Transport und Verpackung zugefügt. Ein gravierender Faktor ist der stetig steigende Onlinehandel. Einfach mal drei Artikel bestellen, zwei kostenlos zurückschicken, der Händler zahlt ja. Eine Studie der Universität Bamberg besagt, dass es im Jahr 2012 ca. 286 mio Rücksendungen aus dem Onlinehandel in Deutschland gab. (von einem steigenden Volumen ist auszugehen) Also überleg doch vielleicht beim nächsten Mal, ob es nicht doch einfacher ist, beim Händler um die Ecke mehrere Stücke anzuprobieren und das richtige mitzunehmen. Zudem sorgst Du damit dafür, dass es den Händler auch in ein paar Jahren noch gibt. Und wenn Du einen Rucksack dabei hast, brauchst Du auch keine Plastiktüte.
  4. Gebrauch:
    Hier geht es um eine lange Haltbarkeit. Je länger das Produkt genutzt wird, desto weniger Produkte werden produziert. Hier hat der Hersteller das Problem, dass langlebige Produkte seltener verkauft werden; d. h. für ihn bestehen höhere Entwicklungskosten je Produkt. Allein dadurch ist er auf einen höheren Verkaufspreis angewiesen. Der Vorteil für Dich als Konsument hingegen: Du musst nicht ständig los, um immer wieder das richtige Produkt zu suchen bzw. das kaputte zu reparieren. Diese Zeit kannst Du bestimmt besser in der freien Natur genießen. Diese wird es Dir ebenfalls danken. Zu geringeren Produktionsemissionen kommen nämlich auch geringere Recyclingemissionen bzw. Abfälle. Achte auf eine robuste, langlebige und zeitlose Gestaltung, sodass Du lange etwas davon hast. Ganz nach dem Motto: Klasse statt Masse.
  5. Wiederverwertung:
    Geht das liebste Stück nun doch einmal kaputt, wird es hoffentlich wiederverwertet, denn wir wollen unsere Natur ja nicht umsonst enteignet haben. Wichtig für die Wiederverwertung ist, dass die Produkte sortenrein in seine Einzelteile zerlegt werden können. Als Kunde hilft es sich zu überlegen, ob man sie selbst auseinander gebaut bekäme. Ist es geklebt oder verschraubt? Wie viele Materialien wurden eingesetzt? Ist es vielleicht sogar möglich, das Produkt weiterzuverwenden, reparieren zu lassen oder für ein anderes Neuprodukt aufzuwerten?

Du wirst jetzt denken: Soll ich jetzt jedes Mal aus meinem Einkauf eine Wissenschaft machen? Nein, natürlich nicht. Ich bin fest davon überzeugt, wenn Du Dir immer mal wieder Gedanken zu diesen Themen machst bzw. Dein Bewusstsein schärfst, dann geht das irgendwann von ganz alleine. Und auch ich kann mich nicht frei von Umweltsünden sprechen. Da ich sie mir jedoch bewusst mache, kann ich sie stetig reduzieren. Vielleicht fällt Euch ja beim nächsten Einkauf auch schon das ein oder andere Produkt auf, das in unnötig viel Kunststoff verpackt ist oder von Grund auf schon gebrechlich aussieht. Ich versichere Euch, es gibt Alternativen und ihr werdet sie finden.